Lupe

Kunst Stoffe

Roberta di Camerino trifft Georg Karl Pfahler

Ausstellung 15. Januar bis 28. Februar 2019
Mo. bis Fr. 10 bis 18.30 Uhr, Sa. 11 bis 16 Uhr

Finissage am
Donnerstag, 28. Februar 2019, 19 Uhr:
Gespräch über Kunst und Mode mit

Monika Gottlieb – Sammlerin und Leihgeberin der Mode von Roberta di Camerino
Dr. Ingrid Mössinger – ehemals Generaldirektorin der Kunstsammlungen Chemnitz und Expertin für Georg Karl Pfahler
Margit J. Mayer – Autorin und Consultant

Grisebach, Fasanenstraße 27, 10719 Berlin

Die Revolution der Farbe
Grisebach zeigt Vintage-Taschen und Mode von Roberta di Camerino zusammen mit Werken von Georg Karl Pfahler

In Kooperation mit der Sammlung Monika Gottlieb und dem Nachlass Georg Karl Pfahler



Schwarzer Samt, roter Samt, dazwischen ein sattes Jägergrün, in drei Streifen nebeneinander gestellt. Vier Samtdreiecke in rot, blaugrau, lila und gelb, die sich ineinander falten. Als alle anderen noch mit braunem und schwarzem Leder hantierten, um nicht aufzufallen mit ihren Handtaschen, die vor allem eines zu sein hatten, still und funktional, war Giuliana Camerino (1920–2010) schon zwei Schritte weiter. Mit ihrem venezianischen Label Roberta di Camerino brachte sie kraftvolle und raffinierte Farb- und Formkreationen in den muffigen Markt der Fünfziger. Giuliana Camerino machte die Handtasche von einem kaum beachteten Accessoire zu einem eigenständigen Objekt.


Die legendäre Bagonghi Bag etwa, inspiriert von einer traditionellen Arzttasche, tourte mit Grace Kelly um die Welt. Liz Taylor, Gina Lollobrigida, Isabella Rossellini gehörten zum festen Kundenstamm – und nicht zuletzt Madonna, die gelegentlich mit einer Caravel-Bag am Arm gesichtet wurde. Lange bevor Gucci das G zum hauseigenen Erkennungszeichen machte, prangte auf Roberta di Camerino-Taschen ein kraftvoll ausgeführtes Messing-R. Giuliana Camerino war wohl die Erfinderin der It-Bag. Lange bevor jemand wusste, was das war.


Zeit, diese visionäre Gestalterin wieder zu entdecken. Grisebach konnte mit Monika Gottlieb eine der wichtigsten deutschen Sammlerinnen von Vintage-Mode dafür gewinnen, einen Querschnitt ihrer umfangreichen Camerino-Kollektion in Berlin auszustellen. Mit einer repräsentativen Auswahl vor allem von Taschen – abstract art für den Arm –, aber auch einer Galerie kompletter Looks – Camerino begann später auch Kleider mit hinreißenden Trompe-l’Œil-Effekten zu entwerfen – bietet sich in Deutschland wohl zum ersten Mal die Gelegenheit, das Werk dieser heute vergessenen italienischen Formspielerin so umfassend zu entdecken.


Giuliana Camerino gründete ihre Manufaktur 1945 in Venedig unter dem Namen: Roberta di Camerino. Der Name verdankte sich dem Musicalklassiker der dreißiger Jahre: „Roberta“ mit Ginger Rogers und Fred Astaire – Giuliana Camerino liebte diesen Film. 2008 verkaufte sie ihre Marke und starb nur zwei Jahre später mit 89 Jahren in Venedig. Seither ist es stiller geworden um die Tänzerin unter den Modedesignern, die den geheimen Code ihrer explosiven Kreationen auf eine klare Formel brachte: „Alle Farben sind schön und passen gut zueinander. Wenn es dann doch aus irgendeinem Grund mal so wirkt, dass zwei sich beißen, gibt es eine ganz einfache Lösung: füge eine dritte hinzu, und schon passt es wunderbar.“


Einen ganz eigenen Umgang mit Farbe pflegte auch Georg Karl Pfahler (1926–2002), dessen Arbeiten wir in dieser Ausstellung den Objekten Giuliana Camerinos gegenüberstellen. Tief geprägt von seinem Lehrer Willi Baumeister ebenso wie von den Farbfeldmalereien Barnett Newmans – beide schätzten sich gegenseitig, Newman ließ es sich sogar nicht nehmen, 1964 eigens eine Pfahler-Show in der Galerie Fischbach in New York zu hängen –, fand Pfahler spätestens in den sechziger Jahren zu seinem prägnantesten Ausdruck. 1960 nannte er seinen Stil „formativ“: Für ihn stellte das gesamte Bild ein einheitliches Feld von Farbe und Fläche dar. Formen erzeugte er durch Farben. Linien sprach er keine Existenz aus sich selbst heraus zu, definierte sie allein durch Farbe und Form. Georg Karl Pfahlers Werke haben bis heute nichts an Reiz und Qualität verloren, definieren sie doch eindrücklich, ja programmatisch ihre Bildflächen und Räume.


Unsere Ausstellung bringt beide Positionen in ein Spiegel- und Spannungsverhältnis und lädt dazu ein, genau jenen Moment mit zu vollziehen, in dem zwei Künstler mit ihren eigenen Ausdrucksmöglichkeiten und Materialitäten wie unter einem Vergrößerungsglas das Zusammenspiel, wenn nicht den Zusammenprall von Farbwerten erkunden.

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Sarah Buschor
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M +49 (0)176 725 19 666
sarah.buschor@grisebach.com

 

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Blick in die Ausstellung

© VG Bild-Kunst, Bonn 2019 (für vertretene Künstler)