Carl Graeb
1816 – Berlin – 1884
Die Kanzel von St. Georg zu Nördlingen. 1872
Öl auf Pappe. 56 × 47 cm. (22 × 18 ½ in.) Unten rechts datiert und signiert: 1872 Carl Graeb. Rückseitig ebenfalls signiert und datiert: Carl Graeb. 1872. [3034] Gerahmt
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AusstellungXLVIII. Kunstausstellung. Berlin, Königliche Akademie der Künste, 1872, Kat.-Nr. 273
Literatur und AbbildungFriedrich von Boetticher: Malerwerke des neunzehnten Jahrhunderts. 4 Bände. Dritter, unveränderter Nachdruck, Hofheim am Taunus, H. Schmidt & C. Günther, 1979 (zuerst Fr. v. Boetticher's Verlag, Dresden 1891–1901), hier Erster Band (Erste Hälfte), S. 420, Nr. 38 („Kanzel aus der Kirche zu Nördlingen“)
Wie eine abstrakte, fast haptisch erfahrbare Skulptur windet sich die Treppe mit ihren Seitenwangen und schlingenartigem Vierpassmuster in mehrfach sich wiederholenden, rhythmischen Drehungen. Es ist die Kanzel von St. Georg in Nördlingen, die Graeb uns hier aus einer vertrauten, für die Darstellung in einem Gemälde aber doch ungewöhnlichen Perspektive zeigt: Ihre eigentliche Pracht entfaltet der kunstvolle Treppenaufgang wie auch die Kanzel selbst nämlich genau auf der gegenüberliegenden Seite der riesenhaften Marmorstütze, um die sie mäandert. Die geöffnete rote Eisentür, vor der ein Mönch oder Messdiener auf den untersten Stufen wartet, erlaubt dem Betrachter den Aufstieg nachzuvollziehen und sich gleichsam mit der Treppe um die Säule zu winden – das Gefühl aber, oben zu stehen, bleibt der individuellen Vorstellungskraft überlassen.
Carl Graeb gehörte zur Schülerschaft Carl Blechens, der als Professor für Landschaftsmalerei an der Berliner Akademie ab 1831 eine ganze Generation von Malern wie Eduard Pape oder Ferdinand Bellermann ausbildete. Graeb hatte bei Blechen wie auch bei seinem eigenen Schwiegervater, dem Hoftheatermaler Johann Gerst, ein möglichst effektvolles Arrangieren ineinander übergehender Außen- und Innenräume bei stark sich voneinander unterscheidenden Helligkeitsgraden darzustellen gelernt. Mit unserem Bild hat er einmal mehr gezeigt, wie eine eher stoische Architekturkulisse durch einen bühnenhaften Beleuchtungswechsel sowie eine geschickt eingefügte Personenregie neu belebt werden kann.
Prof. Dr. Kilian Heck
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