Grisebach setzt dieses Frühjahr ein kraftvolles Zeichen auf dem deutschen Auktionsmarkt: Mit dem umfangreichsten Angebot einer Sommersaison seit über zwei Jahrzehnten lädt das Berliner Auktionshaus zu einem fulminanten Kunstereignis ein. Über 500 Werke (untere Schätzung rund EUR 20 Mio.) werden am 5. und 6. Juni in der Fasanenstraße versteigert. Mit dabei: Ikonen der Moderne, ein rarer Renaissanceschatz und wegweisende Positionen der Gegenwart.
Ikonisches Gemälde von Lyonel Feininger
Bereits Ludwig Justi, Direktor der Berliner Nationalgalerie, zeigt sich – bei der Schaffung der Galerie der Lebenden im Kronprinzenpalais – von Lyonel Feiningers „düster prachtvolle[m]“ „Vollersroda III“ beeindruckt, erkennt es als Programmbild einer neuen Epoche und erwirbt 1919 das 1916 entstandene Gemälde. Mit „Vollersroda III“ findet Feininger endgültig zu seiner unverwechselbaren, kubofuturistischen Formensprache – ein museales Bild mit beeindruckender Provenienz und Ausstellungshistorie, eine Inkunabel im Oeuvre des späteren Bauhaus-Meisters. (EUR 1.000.000/1.500.000). Das Gemälde stammt ebenso wie etliche andere hochkarätige Werke (u.a. von Beckmann, Marc, Hartung und Kandinsky) dieser Saison aus einer Berliner Privatsammlung, die Grisebach nach 40-jähriger Verbundenheit, dieses Jahr anvertraut wurde.
Zwei Stillleben von Max Beckmann
Spitzenwerke von Max Beckmann sind bei Grisebach Tradition. Mit dem großformatigen „Orchester“ von 1932 entwickelt Beckmann ein eindrucksvolles Klangbild in sonorem Farbakkord prachtvoll arrangiert. Eine Auftragsarbeit des Juristen Ernst Levi aus Frankfurt am Main für seine Frau, die Konzertviolinistin und Musikmäzenin Martha Levi. (EUR 1.000.000/1.500.000)
Das geheimnisvolle „Stillleben mit Skulptur“ hingegen wirkt wie eine launige Paraphrase auf die gewichtigen, existenziellen Themen, die Beckmann 1942 auf dramatische Weise in seinem selbst gewählten Exil in Amsterdam beschäftigen – ein spannungsgeladenes Werk voller Symbolik. (EUR 600.000/800.000)
Klassiker der Moderne
Mit pastosem Farbauftrag modelliert und porträtiert Emil Nolde 1920 „Feuerlilien und Rittersporn“, die Blumen seines Gartens, und verwandelt das Naturmotiv in eine leuchtende Farb-Symphonie. Nolde richtet den Blick mitten hinein in die dicht bewachsenen, in kräftigen Tönen flammenden Blumenbeete – ein faszinierendes All-over. (EUR 900.000/1.200.000)
Franz Marcs dynamische Komposition „Vögel über dem Dorf“ aus dem Jahr 1913 zählt zu den Höhepunkten seiner produktivsten und innovativsten Schaffensphase und zeigt, wie sich Marc zunehmend ungegenständlicher Formen bedient. (EUR 400.000/600.000)
Picassos Ikone der Druckgrafik
„La Femme au tambourin“ von 1939 ist eine Inkunabel der Druckgrafik des 20. Jahrhunderts. Eindrucksvoll und mit inhaltlicher Komplexität stellt Picasso in dieser Darstellung Dora Maars einmal mehr auch sein meisterliches technisches Können und seine Freude am Experiment unter Beweis. (EUR 500.000/700.000)
Prachtvolle Nachkriegskunst
Mit „Epsilon“ aus dem Jahr 1959 von Ernst Wilhelm Nay kommt eines seiner kontrastreichen Farbspektakel der sich energetisch bewegenden und zugleich auflösenden Formen der heute besonders begehrten „Scheibenbilder“ auf dem Kunstmarkt. (EUR 300.000/400.000).
Mit der überlebensgroßen Skulptur „Große Liegende“ lässt Karl Hartung 1951 ein Hauptwerk gießen – sie ist die größte und prachtvollste seiner liegenden Frauenfiguren. Inspiriert von etruskischer Grabplastik, verbindet er darin Abstraktion und organischen Rhythmus zu einer zeitlosen Form. (EUR 200.000/300.000).
Lüpertz - West – Grosse – Förg: Beeindruckende Beispiele der zeitgenössischen Kunst im XL-Format
Markus Lüpertz kreiert etwa Mitte der 1960er Jahre seine ‚Marke‘, als er seinen Bildern das Morphem „dithyrambisch“ hinzufügt. Die Bildgegenstände in den dithyrambischen Bildern sind neutral und möglichst frei von naturgebundenen Assoziationen, sind vielmehr fantasievolle Insignien der Natur wie diese eindrucksvollen „Baumstamm (dithyrambisch) von 1968. Lüpertz erzielt durch die übertriebene Vergrößerung eines dieser gewöhnlichen Dinge einen Effekt, der gleichzeitig höchst dramatisch und zugleich auch verfremdend wirkt. (EUR 150.000/200.000)
Franz Wests überdimensionale Außenskulptur „Flora“ führt das Angebot aus dem Bereich der Zeitgenössische Kunst an. Die 2006 entstandene Arbeit besticht durch ihren hohen Wiedererkennungswert: Auf einer Fläche von 3 x 4 x 2 Metern entfaltet sich ein mehrschlaufiger, dynamischer Kringel in Wests charakteristischer wie pointierter Formensprache. „Flora“ weist eine besondere Ausstellungsgeschichte auf: Zunächst auf dem Paradeplatz in Zürich installiert, zierte die Arbeit seit 2007 mit zwei weiteren Außenskulpturen des Künstlers den Platz vor dem Gebäude der Generali-Versicherung am Münchener Adenauerring. (EUR 600.000/800.000)
Günther Förgs monumentales Tupfenbild „Ohne Titel“ von 2007 ist ein weiteres Highlight der Auktion. Als einer der prägenden Erneuerer der Zeitgenössischen Kunst bekennt sich Förg hier mit souveränem Farbspiel in gedeckten Tönen wie Dunkelrosa, Ocker und Grün, gehalten von einem kaum sichtbaren Liniensystem zum Unfertigen – typisch für den Stil des gefeierten Malers, der die Grenzen der Malerei immer wieder neu auslotet. (EUR 400.000/600.000)
Eindrucksvolles Zeugnis der unverwechselbaren Handschrift einer der markantesten Positionen der Gegenwartskunst ist Katharina Grosses schwingende Farbkomposition „Untitled“ von 2014. Die Dynamik der charakteristischen, ausgereiften Sprühtechnik ihrer Malbewegung ist auf der Leinwand unmittelbar spürbar und wird zum kleinstmöglichen Relikt der immersiven Kompositionen der Künstlerin. (EUR 180.000/240.000).
Eine Rarität der Renaissance
Eine museale Rarität dürfen wir mit großer Freude mit Jacopo da Pontormos Kreidezeichnung „Studio di uomo che cammina“ (um 1517) aus einer deutschen Privatsammlung anbieten. Diese Studie eines gehenden Mannes wurde in den 1990er Jahren wiederentdeckt und 2016 im Rahmen der großen Ausstellung „Maniera – Pontormo, Bronzino und das Florenz der Medici“ im Städel Museum präsentiert. Pontormo zeigt hier einmal mehr die grenzenlose Energie und Kreativität seines Œuvres. (EUR 250.000/350.000).
Meisterwerke der Romantik aus einer Dresdner Privatsammlung
Präsentiert werden 20 Lose aus einer sächsischen Privatsammlung, darunter äußerst seltene Zeichnungen von Caspar David Friedrich sowie herausragende Werke der großen Künstlerpersönlichkeiten seines Umfelds, insbesondere Carl Gustav Carus und Johan Christian Dahl. Zu den Höhepunkten zählen Caspar David Friedrichs Aquarell „Gotisches Backsteingebäude und kleine Baumstudien“ von 1809 (EUR 200.000/300.000) sowie zwei stimmungsvolle Gemälde von Carl Gustav Carus: „Elbinsel bei Mondschein“ um 1844 (EUR 150.000/200.000) und „Ruine in Pillnitz über den Weinbergen“ um 1835 (EUR 50.000/70.000).
Über 500 Werke bei einer Gesamtschätzung von rund EUR 20 Mio.
Insgesamt werden bei den Sommerauktionen am 5. und 6. Juni über 500 Kunstwerke mit einem unteren Schätzpreis von rund 20 Millionen Euro in vier Auktionen versteigert. Grisebachs Sommerauktion spannt damit einen einmaligen Bogen von der Renaissance bis zur Cutting-Edge Contemporary Art. Neben dem Katalog „Ausgewählte Werke“ erscheint auch diese Saison wieder ein „All-in-One“, welches alle Lose der 4 Auktionen zusammenfasst.
Die Vorbesichtigung aller Werke in Berlin an zwei Standorten in der Fasanenstraße (25 und 27) findet vom 29. Mai bis 4. Juni statt.