Wie können wir über Identität, Wandel oder Erinnerung sprechen, ohne sie zu vereinfachen? Wie können das Politische und das Poetische, das Spirituelle und das Materielle in ein und demselben Rahmen koexistieren und sich einer Eingrenzung, Auflösung oder Kategorisierung entziehen?
Hunyanzvi versammelt die Werke von neun Künstlern aus Simbabwe, die sich zwar in Form und Medium unterscheiden, aber sich alle einer Reduzierung verweigern. Die Ausstellung basiert auf dem Prinzip der Irreduzibilität: ein Zustand des Seins, der sich der Abgeschlossenheit, Singularität oder Vereinfachung widersetzt. Es baut auf der Redensart von takachimaster chiround ichi auf, die davon spricht, ästhetische, poetische und politische Elemente zu verschmelzen und diese Komplexität zu beherrschen. Es ist sowohl eine philosophische These als auch eine methodologische Orientierung, die Komplexität, Widersprüchlichkeit und Mehrdeutigkeit als wesentlich für das Verstehen des heutigen Lebens ansieht.
Im Kern fordert uns Hunyanzvi auf, uns mit Identität als etwas in Bewegung Befindlichem auseinanderzusetzen – konstruiert, angefochten und ständig durch Geschichte, Erinnerung, Macht und Spiritualität verändert, ganz wie das Heimatland der Künstler*innen. Die Künstler*innen dieser Ausstellung schöpfen aus unterschiedlichen kulturellen, politischen und persönlichen Kontexten. Dennoch bestehen sie darauf, dass Identität kein statisches Objekt ist, das definiert werden muss, sondern ein gelebter und vielschichtiger Prozess. Sie erforschen die Beziehung zwischen Form und Formlosigkeit, Sichtbarkeit und Undurchsichtigkeit, Präsenz und Auslöschung durch Skulptur, Installation, Malerei und Mischtechnik.
In den Bereichen Malerei, Bildhauerei, Installation und Mischtechnik arbeiten diese Künstler*innen gegen den Strich der reduktiven Erzählungen. Ihr Schaffen offenbart das vielschichtige, widersprüchliche und oft schwer fassbare Wesen des Selbst, das durch koloniales Erbe, kulturelles Gedächtnis, politischen Kampf und spirituelle Systeme geprägt ist. Ob durch fragmentierte Porträts, wiederverwendete Materialien oder traumähnliche Abstraktionen, alle Künstler*innen laden uns ein, uns mit der Instabilität von Bedeutung und dem fortlaufenden Prozess des Werdens auseinanderzusetzen.
Moffat Takadiwa verwandelt in seinem bildhauerischen Schaffen weggeworfene Materialien – Elektro-Abfall, Flaschendeckel, Zahnpastatuben – in dichte, komplizierte Flechtwerke, die der Ästhetik der Wegwerfbarkeit trotzen. Seine Arbeit lenkt die Aufmerksamkeit auf das ökologische und koloniale Erbe, das in die globale Abfallwirtschaft eingebettet ist, und macht das Potenzial für Erneuerung und Widerstand durch materielle Transformation deutlich. In Takadiwas Händen wird das Weggeworfene heilig und eröffnet eine Meditation darüber, was die Gesellschaft schätzt und was sie zurücklässt.
Die Gemälde von Richard Mudariki bewegen sich im Spannungsfeld zwischen persönlicher Erinnerung und nationaler Geschichte. Seine abstrakten Porträts – vielschichtig, undeutlich und zerbrochen – lassen die Instabilität historischer Narrative erahnen. Für Mudariki ist die Geschichte kein zusammenhängender Zeitstrahl, sondern ein fragmentiertes Archiv von Gefühlen, Auslassungen und Wiederzusammensetzungen. Seine Figuren, die oft zwischen Sichtbarkeit und Verschwinden schwanken, zwingen den Betrachter, sich mit der Politik der Darstellung und der Vielfältigkeit der Wahrheit auseinanderzusetzen.
Die abstrakten Werke von Kombo Chapfika entspringen einer spirituellen, symbolischen Bildsprache, die in afrikanischen Kosmologien verwurzelt ist. Sein Ansatz legt nahe, dass die Realität nicht nur durch materielle Kräfte, sondern auch durch Energien, Mythen und spirituelle Systeme geformt wird, die sich einer empirischen Erklärung entziehen. Indem sie sich auf das Metaphysische beruft, wird Chapfikas Kunst zu einem Kanal, um über die Unreduzierbarkeit von Glauben, Intuition und der Präsenz der Vorfahren nachzudenken – Kräfte, die jenseits des rationalen Verständnisses liegen, aber das kulturelle Leben zutiefst prägen.
In den Porträts von Mostaff Muchawaya erscheint die Identität als ein Ort ständiger Verhandlungen. In seinen Werken, in denen sich Abstraktion und Figuration vermischen, setzt er sich mit den Auswirkungen von kolonialem Erbe, politischer Gewalt und kultureller Erinnerung auf die Formung des Selbst auseinander. Die fragmentierte Natur seiner Figuren spiegelt die Brüche der persönlichen und kollektiven Geschichte in Simbabwes postkolonialer Landschaft wider und widersetzt sich der Vorstellung, dass Identität totalisiert oder gelöst werden kann.
In den Installationen von Wallen Mapondera wird der Raum nicht nur als physische Geografie, sondern auch als symbolisches und psychologisches Terrain neu gedacht. Mit Textilien und gefundenen Materialien schafft er Umgebungen, die die Vielschichtigkeit von Land und Zugehörigkeit heraufbeschwören. Seine Arbeit betont, dass der Raum niemals neutral ist; er ist geprägt von der Geschichte der Enteignung, der Arbeit und der Erinnerung und befindet sich immer in einem Prozess des Werdens. Für Mapondera ist der Raum irreduzibel, durchdrungen von Vergangenheiten, die die Gegenwart weiterhin verfolgen.
Dan Halter beschäftigt sich durch konzeptionelle Arbeiten, die Text, Material und historische Symbolik miteinander verweben, mit der postkolonialen Situation. Ausgehend von seiner simbabwischen Herkunft und seiner Diaspora-Erfahrung verwendet Halter gewebte Plastiktüten, Landkarten und Geld, um über Migration, informelle Wirtschaft und die Künstlichkeit von Grenzen zu reflektieren. Seine Kunst stellt statische Erzählungen über nationale Identität infrage und zeigt die Spannungen zwischen persönlicher Geschichte und geopolitischen Kräften auf.
Gillian Rosselli verwandelt das Alltägliche in das Unheimliche und untergräbt die Vertrautheit des täglichen Lebens durch surreale Kompositionen und unerwartete Nebeneinanderstellungen. Ihre Arbeit setzt die Vorstellungskraft als Instrument zur Destabilisierung dessen ein, was wir als selbstverständlich erachten. Indem sie die Komplexität des Banalen herausarbeitet, zeigt Rosselli, wie selbst die gewöhnlichsten Erfahrungen emotionales und symbolisches Gewicht haben. Ihre Irreduzibilität liegt in der Weigerung, das Persönliche vom Poetischen zu trennen.
Troy Makaza schafft haptische, geschichtete Werke aus Silikon und Pigmenten, die die Verstrickung von Selbstwahrnehmung und äußerer Kategorisierung reflektieren. Seine Kunst verkörpert die Vorläufigkeit der Identität – immer vom Kontext geprägt, immer in Bewegung.
Admire Kamudzengerere erforscht die fragmentierte und relationale Identität durch Druckgrafik und performative Selbstporträts. Seine Praxis verweigert sich einem einzigen Ursprungs- oder Bedeutungspunkt und bietet stattdessen einen sich verändernden Spiegel, in dem der Betrachter in den Akt des Erkennens und Erinnerns einbezogen wird.
Kudzanai Chiurais multimediale Arbeit beschäftigt sich mit politischer Ikonografie und historischer Erinnerung im postkolonialen Afrika. Seine kühne, stilisierte Bildsprache kritisiert die Mythen des Nationalismus und der Befreiung nach der Unabhängigkeit und stellt die Rolle der Kunst bei der Anfechtung herrschender Ideologien in den Vordergrund. Chiurai konstruiert Gegengeschichten – alternative visuelle Archive, die infrage stellen, an wen erinnert wird, wer vergessen wird und wer das Narrativ einer Nation verfassen darf. Dabei insistiert sein Werk auf der Vielfältigkeit und Veränderlichkeit der historischen Wahrheit.
Auf dem Weg zu einer Praxis der Verweigerung
Gemeinsam bieten die Künstler*innen in Hunyanzvi eine visuelle und konzeptionelle Sprache der Verweigerung von Vereinfachung, Eingrenzung und Endgültigkeit. Ihre Werke sind komplex und widersprüchlich und unterstreichen die Fähigkeit der Kunst, zu transformieren und zu verunsichern.
Hunyanzvi lädt den Betrachter ein, über die Vielschichtigkeit der menschlichen Existenz nachzudenken – über die Kräfte, die prägen, wer wir sind, woran wir uns erinnern und wie wir Bedeutung schaffen. Die Ausstellung fordert uns auf, uns mit Mehrdeutigkeit abzufinden, einfachen Antworten zu widerstehen und die nicht reduzierbare Natur der Identität in einer von ständigem Wandel geprägten Welt zu akzeptieren.