Auktion 79: Ausgewählte Werke. Berlin, Villa Grisebach Auktionen, 26.5.2000, Kat.-Nr. 22, m. Abb.
Nach Jahren des Suchens nach dem ihm gemäßen künstlerischen Ausdruck steht Franz Marc 1910 an der Schwelle zu einem Durchbruch: Es gehe ihm um „das Empfinden für den organischen Rhythmus aller Dinge“, um ein pantheistisches Sich-Hineinfühlen in die Natur und dessen adäquaten Ausdruck mit neuen, ungewohnten Farben und „mit neuen Bewegungen“ (Brief an Reinhard Piper v. 30. April 1910). Das Streben, dem, wie Marc es auch nennt, „Animalischen“ in allen Dingen gerecht zu werden, wird für sein weiteres Schaffen beherrschend. „Meine Plastik ist ein tastender Versuch nach derselben Richtung“, bekennt Marc. Helmut Macke, der 1910/11 für einige Monate bei Franz Marc in Sindelsdorf wohnte, berichtet: „Damals stand eine große weibliche Figur in Wachs auf seinem Modellierbock in der Ecke, die aber nie fertig wurde und die tollsten Metamorphosen durchmachte“ (zit. nach Ausst.-Kat.: Franz Marc, Städt. Galerie im Lenbachhaus, München 1980, S. 31). Die dynamische, alle Teile der Figur – Schultergürtel, Arme und Hüften – einbeziehende Linienführung seines Frauentorsos machen in unmittelbarer und verdichteter Form exemplarisch Marcs Ringen jener Jahre nachvollziehbar, seinen künstlerischen Überzeugungen Gestalt zu geben und diese für den Betrachter nicht allein sicht-, sondern auch emotional erlebbar werden zu lassen. HM
Bronze mit goldbrauner Patina, auf Steinsockel montiert. 24 × 15,7 × 12 cm
(9 ½ × 6 ⅛ × 4 ¾ in.). Links an der Hüfte monogrammiert: F. M. Werkverzeichnis: Hoberg/Jansen 415/4 / Lankheit 903. Einer von sechs posthumen Güssen. [3052]
Provenienz
Galerie Otto Stangl, München / Hauswedell & Nolte, Hamburg (1973) wohl dieses Exemplar / Privatsammlung, Süddeutschland / Privatsammlung, Berlin (2000 bei Grisebach, Berlin, erworben)
Auktion 79: Ausgewählte Werke. Berlin, Villa Grisebach Auktionen, 26.5.2000, Kat.-Nr. 22, m. Abb.
Nach Jahren des Suchens nach dem ihm gemäßen künstlerischen Ausdruck steht Franz Marc 1910 an der Schwelle zu einem Durchbruch: Es gehe ihm um „das Empfinden für den organischen Rhythmus aller Dinge“, um ein pantheistisches Sich-Hineinfühlen in die Natur und dessen adäquaten Ausdruck mit neuen, ungewohnten Farben und „mit neuen Bewegungen“ (Brief an Reinhard Piper v. 30. April 1910). Das Streben, dem, wie Marc es auch nennt, „Animalischen“ in allen Dingen gerecht zu werden, wird für sein weiteres Schaffen beherrschend. „Meine Plastik ist ein tastender Versuch nach derselben Richtung“, bekennt Marc. Helmut Macke, der 1910/11 für einige Monate bei Franz Marc in Sindelsdorf wohnte, berichtet: „Damals stand eine große weibliche Figur in Wachs auf seinem Modellierbock in der Ecke, die aber nie fertig wurde und die tollsten Metamorphosen durchmachte“ (zit. nach Ausst.-Kat.: Franz Marc, Städt. Galerie im Lenbachhaus, München 1980, S. 31). Die dynamische, alle Teile der Figur – Schultergürtel, Arme und Hüften – einbeziehende Linienführung seines Frauentorsos machen in unmittelbarer und verdichteter Form exemplarisch Marcs Ringen jener Jahre nachvollziehbar, seinen künstlerischen Überzeugungen Gestalt zu geben und diese für den Betrachter nicht allein sicht-, sondern auch emotional erlebbar werden zu lassen. HM