Auktion 449: Moderne Kunst, Ausgewählte Werke. Hamburg, Hauswedell & Nolte, 3.12.2013, Kat.-Nr. 10 („Mädchen mit Teetasse")
Diese frühe Zeichnung von Wilhelm Leibl zeigt eine junge Frau in Seitenansicht, die in der rechten Hand eine Tasse mit Untertasse hält, während die linke Hand mit einer Teekanne nur skizzenhaft angedeutet ist. Ihre sorgfältige Kleidung mit Kopfhaube sowie die konzentrierte Verrichtung der häuslichen Arbeit weisen sie als Hausbedienstete aus. In der Zeichnung aus Leibls früher Zeit um 1870 glaubt man einerseits Eindrücke aus der niederländischen Kunst des 17. Jahrhunderts zu erkennen, andererseits weist der realistische Zug unseres Blattes aber auch deutlich auf zeitgenössische französische Vorbilder aus dem Umkreis von Gustave Courbet hin.
Es ist nun eine verlockende Vorstellung, in dieser Zeichnung eine der seltenen Arbeiten von Leibls Pariser Aufenthalt zu sehen. Während Leibls spektakulärem Debüt auf der Internationalen Kunstausstellung 1869 in München lernte er den ebenfalls dort ausstellenden, berühmten wie berüchtigten Gustave Courbet kennen. Courbet war beeindruckt von Leibls „Bildnis der Frau Gedon“, befreundete sich mit ihm und schlug Leibl einen Aufenthalt in Paris vor. Leibl reiste Ende 1869 in die französische Metropole und war dort bis zum Spätsommer 1870 in stetigem Austausch mit Courbet und seinen Künstlerfreunden. In diesem Kreis lernte er möglicherweise auch François Bonvin kennen, dessen meist auf eine Figur konzentrierten, intimen Interieur-Darstellungen sehr an unsere Zeichnung erinnern. Leibls fein beobachtete Zeichnung scheint jedenfalls wie ein Reflex, um das, was er in den Pariser Ateliers gesehen hat, aufzugreifen und es für seine eigene Arbeit fruchtbar zu machen. Michael Mohr
Schwarze Kreide und Bleistift, weiß gehöht, auf beigem Papier. 35,5 × 23,3 cm
(14 × 9 ⅛ in.). Unten rechts signiert: W. Leibl. Rückseitig: Gewandstudie. Bleistift. Werkverzeichnis: Nicht bei von Manstein. Mit einem Gutachten von Dr. Marianne von Manstein, München, vom 10. Oktober 2013. [3039] Gerahmt
Auktion 449: Moderne Kunst, Ausgewählte Werke. Hamburg, Hauswedell & Nolte, 3.12.2013, Kat.-Nr. 10 („Mädchen mit Teetasse")
Diese frühe Zeichnung von Wilhelm Leibl zeigt eine junge Frau in Seitenansicht, die in der rechten Hand eine Tasse mit Untertasse hält, während die linke Hand mit einer Teekanne nur skizzenhaft angedeutet ist. Ihre sorgfältige Kleidung mit Kopfhaube sowie die konzentrierte Verrichtung der häuslichen Arbeit weisen sie als Hausbedienstete aus. In der Zeichnung aus Leibls früher Zeit um 1870 glaubt man einerseits Eindrücke aus der niederländischen Kunst des 17. Jahrhunderts zu erkennen, andererseits weist der realistische Zug unseres Blattes aber auch deutlich auf zeitgenössische französische Vorbilder aus dem Umkreis von Gustave Courbet hin.
Es ist nun eine verlockende Vorstellung, in dieser Zeichnung eine der seltenen Arbeiten von Leibls Pariser Aufenthalt zu sehen. Während Leibls spektakulärem Debüt auf der Internationalen Kunstausstellung 1869 in München lernte er den ebenfalls dort ausstellenden, berühmten wie berüchtigten Gustave Courbet kennen. Courbet war beeindruckt von Leibls „Bildnis der Frau Gedon“, befreundete sich mit ihm und schlug Leibl einen Aufenthalt in Paris vor. Leibl reiste Ende 1869 in die französische Metropole und war dort bis zum Spätsommer 1870 in stetigem Austausch mit Courbet und seinen Künstlerfreunden. In diesem Kreis lernte er möglicherweise auch François Bonvin kennen, dessen meist auf eine Figur konzentrierten, intimen Interieur-Darstellungen sehr an unsere Zeichnung erinnern. Leibls fein beobachtete Zeichnung scheint jedenfalls wie ein Reflex, um das, was er in den Pariser Ateliers gesehen hat, aufzugreifen und es für seine eigene Arbeit fruchtbar zu machen. Michael Mohr