Lupe

Günther Förg
Ohne Titel. 1990
Acryl auf Blei auf Holz. 180 × 110,5 × 4 cm
EUR 250.000–350.000


Los 12. Auktion „Ausgewählte Werke“ am 30. November, 18 Uhr

 

Wie die Taucher Bleigewichte benötigen, um unter Wasser zu schweben, stellt sich bei der Betrachtung von Förgs Bleibildern ein fast ozeanisches Gefühl von Auflösung und den Weiten des Horizonts ein. Zwei große, monochrome Flächen, unterteilt von einer horizontalen Linie: der Himmel und das Meer.

»Für mich ist abstrakte Kunst heute das, was man sieht, und nicht mehr.«

Mit seiner materialbetonten abstrakten Malerei, die sich in den 1970er-Jahren unter anderem als Form des Protests in der Tradition von Ad Reinhardts »last paintings« zunächst in oftmals schwarzen und grauen monochromen Arbeiten manifestierte, erschloss Günther Förg auch neue Bildträger: Ab 1984 begann er, auf Blei zu malen. Der dunkle Träger des unorthodoxen Materials übernahm die Funktion der schwarzen Grundierung; die gradlinig geometrischen Farbfelder, senkrecht oder waagerecht angeordnet, trafen auf die Zufälligkeiten des Materials in Oberfläche und Patina und wurden somit Bestandteil des Bildes. Auch Farbe tauchte erstmals auf. Im Gegensatz zu einer Leinwand nimmt Blei keine Farbe auf, wodurch sich das Acryl gleichmäßig auf der Oberfläche verteilt und, schillernd zwischen Grau und Blau changierend, sich dem Betrachter nie vollends erschließt.

Förgs Aneignung amerikanischer Minimal Art, die bei ihm stets spielerisch, leichtfüßig und nie streng wirkt, begleitet seine lebenslange künstlerische Auseinandersetzung mit Architektur und der Erkundung von Räumen losgelöst aus ihren Kontexten.

Leonie Herweg